WISSEN & IMPULSE
Ist MFT Mundmotorik?
Vielleicht hast du auch schon diesen Newsletter eines Anbieters für logopädischen Therapiebedarf gelesen:
MFT leicht gemacht – effektive Tools für Ihre Mundmotorik-Therapie.
Das klingt vielversprechend – aber stimmt die Gleichsetzung eigentlich?
👉 Ist MFT gleich Mundmotorik?
Wir sagen: Nein.
In unserem aktuellen Blogbeitrag beleuchten wir dieses Thema, klären Mythen auf und zeigen, wo die Unterschiede liegen.
Mundmotorik – was ist das eigentlich?
Der Begriff „Mundmotorik“ ist ein schwammiger Begriff.
Streng genommen umfasst er alles, was wir im Mund tun: sprechen, schlucken, kauen.
Übungen in diesem Bereich sind oft abstrakt, ziel- und funktionslos. Sie können zwar Wahrnehmung und Beweglichkeit fördern oder spielerisch eingesetzt werden, erreichen aber keine spezifischen oralen Funktionen.
Der Begriff Mundmotorik sagt nichts darüber aus, was genau in der Therapie gemacht wird, bzw. welche Übungen eigentlich eingesetzt werden, wozu ich sie einsetze, und was ich damit erreichen will.
Einzelne Übungen im Mundbereich können beschrieben und verschiedenartig ausgeführt werden, aber das Kriterium, wofür Übungen grundsätzlich eingesetzt und für welches Therapieziel sie verwendet werden, ist die entscheidende „Klassifizierung“.
Mundmotorik ist:
- abstrakt und ziel- und funktionslos
- vielleicht Kräftigung der Mundmuskulatur, wobei – was ist kräftig genug? Und Kräftigung verbessert nicht zwingend die Koordination
- fördert allgemein die Mundbeweglichkeit
- kann lustig sein, freudig bewegen und trainieren
- nicht die oralen Funktionen werden erlernt, sondern es wird allgemein tonisiert, gelockert, gestärkt
Häufig wird extraoral geübt, alle oralen Funktionen laufen jedoch intraoral ab –> Zungenübungen in der MFT, bei denen die Zunge aus dem Mund gestreckt wird, haben ausgedient!
Mundmotorische Übungen dienen der Förderung der bewussten Wahrnehmung (sensorisch, propriozeptiv, visuell) und der „Erfassung“ diverser Bewegungsmöglichkeiten des Mundraumes Mundmotorische Übungen haben aber keinerlei funktionelle Ziele.
Jede Logopädin, jeder Logopäde kennt unzählige Blas-, Saug-, Lippen- oder Zungenübungen. Es gibt ganze Bücher mit Anregungen zum Basteln von Spielmaterialien zur Mundmotorischen Förderung.
Den Begriff Mundmotorik jedoch in Bezug auf die MFT zu verwenden ist falsch.
Kurz gesagt:
- Mundmotorische Übungen sind Handwerkszeug der Logopädie
- Sie können Kontakt und Motivation fördern und spielerisch eingesetzt werden
- Sie haben keine klaren funktionellen Therapieziele
MFT ist NICHT Mundmotorik
MFT wird oft mit Mundmotorik gleichgesetzt, bzw. es wird propagiert, dass MFT-Konzepte OHNE Mundmotorik auskommen.
MFT – mehr als Muskeltraining
Die myofunktionelle Therapie (MFT) ist keine Sammlung motorischer Übungen. Sie ist eine ziel- und funktionsorientierte Therapie, die sich an der Hierarchie der oralen Funktionen orientiert. Die MFT ist eine ziel- und funktionsorientierte Therapie,
die Übung selbst ist nicht das Ziel.
Hierarchie der oralen Funktionen
- Die Nasenatmung mit Lippenkontakt ist physiologisch, sie steht an oberster Stelle. Der Lippenschluss ermöglicht den intraoralen Unterdruck.
- Die physiologischen Funktionen der Nahrungsaufnahme Kauen und Schlucken hängen vom habituell herrschenden Unterdruck in der Mundhöhle ab.
- Die habituelle physiologische Ruhelage der Zunge ist nur im intraoralen Unterdruck möglich.
- Die physiolog. Ruheweichteilbeziehungen (RWB) sind abhängig vom intraoralen Unterdruck, der nur mit komplettem Lippenkontakt möglich ist.
- Das Sprechen und die Phonation bedürfen dieser physiologischen Grundgegebenheiten, um korrekt zu sein.
Das bedeutet für die MFT:
- Spüren – Aktivieren – Habitualisieren
- Bewegungslernen & Start-Stopp-Fähigkeiten
- Entwicklung physiologischer oraler Funktionen
Jede Übung in der MFT dient einem klaren therapeutischen Ziel – niemals dem Selbstzweck.
Weitere übergeordnete Ziele in der MFT sind:
- Bewegungslernen
- Start-Stopp Fähigkeiten: eine Funktion beginnen und jederzeit stoppen zu können
- physiologische orale Funktionen
MFT IST ALSO MEHR ALS MUSKELTRAINING UND DAS DURCHFÜHREN VON MOTORISCHEN ÜBUNGEN
Essentielle und akzidentielle Übungen
In der MFT unterscheiden wir zwischen:
- Essentiellen Übungen – unabdingbar, um ein Therapieziel zu erreichen
- Akzidentiellen Übungen – Hilfen, um ein Bewegungsmuster aufzubauen
👉 Beispiele lernst du in unserer Modulreihe MFT Kompakt 2.0 – praxisnah, direkt umsetzbar und am Patienten ausprobiert.
https://www.mft-zentrum.eu/modulreihe-mft-kompakt-2-0/
Fazit
MFT ist nicht Mundmotorik.
Sie ist weit mehr: eine fundierte, strukturierte und funktionelle Therapieform, die nachhaltige Veränderungen ermöglicht.
📖 Mehr dazu im nächsten Blog:
In meinem nächsten Beitrag vertiefe ich das Thema weiter – mit Blick auf orofaziale myofunktionelle Störungen und den Zusammenhang von MFT und phonetischen Artikulationsstörungen.
Wir freuen uns auf Deine Teilnahme!
Das MFT Zentrum (Alexandra Schick & Carolin Adam)



